Rugby – ein kontaktintensiver Mannschaftssport, bei dem zwei Teams versuchen, den ovalen Ball ins gegnerische Feld zu tragen oder zu kicken, um Punkte zu erzielen. Doch, was hat das mit agilem Projektmanagement zu tun – abgesehen davon, dass in beiden Bereichen Sprints involviert werden?
Auf den ersten Blick erscheinen Rugby und agiles Projektmanagement als zwei völlig unterschiedliche Bereiche, doch sie haben mehr miteinander zu tun, als man denkt. Was genau, das schauen wir uns in diesem Blogartikel an.
Scrum – Vom Spielfeld ins Büro
Worum es sich bei Scrum handelt, ist den meisten – besonders im Sinne des Projektmanagements – ein Begriff. Scrum ist ein agiles Framework, das Teams dabei unterstützt, komplexe Projekte effizient und flexibel zu managen. Es basiert auf der Idee, Projekte in kleine, überschaubare Einheiten, sogenannte Sprints, einzuteilen. Innerhalb dieser Sprints arbeitet das Team auf ein definiertes Ziel hin und präsentiert am Ende ein Ergebnis. Wichtige Bestandteile sind dabei klar definierte Rollen, die zu einer effektiven Zusammenarbeit beitragen sowie regelmäßige Meetings, wie das Daily Scrum und Retrospektiven, in denen das Team seine Arbeitsweise kontinuierlich verbessert.
Die Verbindung von Rugby und agilem Projektmanagement
So weit, so gut. Abseits vom Projektmanagement hat der Begriff Scrum jedoch eine ganz andere Herkunft. Übersetzt bedeutet das Wort Scrum so viel wie „Gedränge“ und bezeichnet eine Spielunterbrechung im Rugby, die nach einem Regelverstoß erfolgt, um das Spiel neu zu ordnen. Dabei stellen sich die Spieler:innen beider Mannschaften in einem Pulk, um den Ball zu erobern. Alle arbeiten zusammen, um durch koordiniertes Schieben das gegnerische Team nach hinten zu drängen. Ein erfolgreicher Scrum erfordert präzise Zusammenarbeit, perfekte Abstimmung und Timing.
Im Rugby stehen Teamarbeit, Kommunikation und strategisches Vorgehen im Vordergrund, um gemeinsam das Spielziel zu erreichen. Diese Prinzipien lassen sich auf Scrum im Projektmanagement übertragen, wenn funktionsübergreifende Teams durch enge Zusammenarbeit, klare Rollenverteilung und regelmäßigen Austausch effektiv auf Herausforderungen reagieren und Projekte erfolgreich vorantreiben.
Welche Verbindungen es genau zwischen Rugby und agilem Projektmanagement gibt und was wir von dieser Sportart lernen können, das verrät uns unsere Kollegin und Rugby-Expertin Eva.
Inside BBHT: Evas Weg zu uns und zum Rugby
Eva ist Werksstudentin bei der BBHT und ist durch einen unserer Scrum-Workshops erstmals auf die BBHT aufmerksam geworden. Scrum war Eva aber auch zuvor ein Begriff und das nicht nur im Projektmanagement, denn in ihrer Freizeit spielt sie Rugby bei den Rugby Tourists Münster. Eva ist durch einen Zufall zum Rugby gekommen. Auf einem Junggesellinnenabschied sah sie ein Spiel der Six Nations, eines der prestigeträchtigsten Rugby-Turniere der Welt. Dieses Erlebnis ließ sie nicht mehr los und über den Hochschulsport an der Universität Münster entdeckte sie schließlich ihre Leidenschaft für Rugby. Was für viele als Nischensportart gilt, ist für sie weit mehr: Ein intensiver Teamsport, der körperliche Kraft, taktisches Denken und perfekte Abstimmung im Team erfordert.
Parallelen von Rugby und Projektmanagement
Für Eva haben die Dynamik und die Struktur im Rugby viele Parallelen zum Scrum-Framework im Arbeitskontext. Im Rugby hat jede:r Spieler:in im Scrum eine bestimmte Aufgabe: In der ersten Reihe stehen die besonders starken und stabilen Spieler:innen, die den Scrum halten und die Grundlage für den Vorstoß bilden. Die zweite Reihe besteht aus großen, athletischen Spieler:innen, die im Scrum den Schub nach vorne geben und beim Einwurf vorbereitet sind, hochzuspringen und den Ball zu fangen. Schließlich gibt es in der dritten Reihe und am Rand die wendigen und schnellen Spieler:innen, die blitzschnell aus dem Scrum ausbrechen und zum Angriff übergehen. Diese unterschiedlichen Rollen und Charaktere sind essenziell für den Erfolg des Teams. Nur wenn alle Spieler:innen ihre jeweilige Aufgabe erfüllen und ihre Kräfte bündeln, kann das Team den Ball erobern und den nächsten Spielzug einleiten.
Ähnlich ist es im agilen Projektmanagement, wo verschiedene Personen mit spezifischen Aufgaben zusammenarbeiten. Es gibt den Scrum-Master, der für die Koordination und das Organisatorische verantwortlich ist und den Product Owner, der die Produktvision vertritt. Auch im Scrum-Framework arbeiten unterschiedliche Charaktere und Expert:innen zusammen, jede:r mit eigenen Stärken. Genauso wie beim Rugby ist die gegenseitige Wertschätzung der verschiedenen Fähigkeiten entscheidend. Nur durch die Kombination der Stärken aller kann das Team erfolgreich sein.
Herausforderungen & Erfolgsfaktoren
Rugby und agiles Projektmanagement teilen laut Eva zudem ähnliche Herausforderungen. Im Rugby ist es oft die Stärke des gegnerischen Teams oder die notwendige Abstimmung innerhalb der eigenen Mannschaft, die das Spiel erschwert. Im agilen Projektmanagement können es die Komplexität der Aufgabe oder unterschiedliche Herangehensweisen der Teammitglieder sein. Ein Erfolgsfaktor in beiden Bereichen ist der Austausch von Erfahrungen zwischen erfahrenen und neuen Teammitgliedern. In Evas Rugbyteam lernen junge Spieler:innen von den erfahreneren, während in Projekten der Wissenstransfer zwischen erfahrenen Fachkräften und neuen Teammitgliedern entscheidend ist. Dabei geht es nicht nur darum, Erfahrungen weiterzugeben, sondern auch den Raum zu schaffen, damit junge oder neue Teammitglieder eigene Erfahrungen machen können.
Zudem sieht Eva eine weitere Schnittstelle zwischen Sport und Projektalltag. Nach jedem Rugby-Spiel kommt ihr Team zusammen, um das Geschehen zu analysieren: Was lief gut? Was könnte beim nächsten Mal besser gemacht werden? Diese Nachbereitung ist vergleichbar mit der Retrospektive im Scrum-Framework, bei der das Team nach jedem Sprint reflektiert, welche Arbeitsweisen verbessert werden können. Dabei geht es sowohl im Rugby als auch im Projektmanagement darum, flexibel zu bleiben und die Strategie immer wieder an die jeweilige Situation anzupassen. Eine klare, wertschätzende Kommunikation ist in beiden Bereichen entscheidend, um im Eifer des Gefechts oder bei hitzigen Diskussionen nicht den Überblick zu verlieren.
Teamwork als Schlüssel zum gemeinsamen Erfolg
Für Eva ist klar: Im Rugby funktioniert nichts ohne das Team. Jede:r Spieler:in muss Verantwortung übernehmen. Es reicht nicht, sich nur auf eine besonders starke oder erfahrene Person verlassen. Vielmehr muss jede:r immer „eine Person weiterdenken“, so Eva – das bedeutet, die nächsten Schritte des/der Mitspieler:in zu antizipieren und sich gegenseitig zu unterstützen. Genauso funktioniert auch ein agiles Team. Es muss gemeinsam agieren und kann nicht nur auf die Fähigkeiten eines Einzelnen bauen. Im Rugby übernimmt die Kapitänin eine zentrale Rolle, ähnlich wie der Scrum-Master im agilen Projektmanagement. Sie ist nicht nur für die Organisation und die Kommunikation mit dem Schiedsrichter verantwortlich, sondern hält auch Motivationsreden und stärkt den Teamgeist. Diese Rolle spiegelt sich in der Verantwortung des Scrum-Masters wider, der das Team unterstützt, Hindernisse beseitigt und für den Zusammenhalt sorgt.
Fazit: Was wir im Projektmanagement von Rugby lernen können
Agiles Arbeiten hat in der heutigen Arbeitswelt eine entscheidende Bedeutung erlangt und ist in vielen Kontexten nicht mehr wegzudenken. Es ermöglicht Unternehmen, flexibel auf sich ständig ändernde Marktbedingungen und Kundenbedürfnisse zu reagieren, die Zusammenarbeit im Team zu fördern und Innovationen schneller voranzutreiben.
Agiles Arbeiten und Rugby mögen auf den ersten Blick in unterschiedlichen Welten stattfinden, doch beide basieren auf ähnlichen Prinzipien. Bei Rugby geht es um Teamgeist, strategische Planung und die Fähigkeit, schnell auf Veränderungen im Spiel zu reagieren. Spieler:innen müssen ständig ihre Taktiken anpassen, um die Stärken und Schwächen des Gegners auszunutzen und erfolgreich zu sein. Im agilen Projektmanagement liegt der Fokus ebenfalls auf der Zusammenarbeit im Team, einer flexiblen Reaktion auf Kundenanforderungen und der kontinuierlichen Verbesserung von Arbeitsprozessen. Beide Disziplinen erfordern eine enge Kommunikation, klare Rollenverteilungen und die Fähigkeit, aus Erfahrungen zu lernen, um gemeinsam erfolgreich zu sein. Vielleicht ist es an der Zeit, nicht nur agiles Arbeiten, sondern auch Rugby einmal auszuprobieren – oder einfach bei einem Spiel der Rugby Tourists Münster vorbeizuschauen und sich von der Dynamik inspirieren zu lassen.