Die Bezeichnung „Robo-Advisor“ ist aus den beiden englischen Wörtern „Robot“ (Roboter) und Advisor (Berater) zusammengesetzt und bezeichnet im Kern ein Algorithmen-basiertes System, welches automatische Empfehlungen zur Vermögensanlage gibt und diese auch umsetzen kann. Im Hinblick auf die stetig ansteigende Zahl von Anbietern in diesem Bereich erscheint es sinnvoll, die Eintrittshürden, Anlagestrategien und die historische Performance ausgewählter Robo-Advisor miteinander zu vergleichen und zu prüfen, ob die Frage, welcher Robo-Advisor nun der Beste seiner Art ist, beantwortet werden kann.

Was sind die Anwendungsgebiete?

Ein Robo-Advisor wird im Regelfall von Finanzdienstleistungsunternehmen verwendet, welche ihren Kunden eine automatisierte Anlage- bzw. Vermögensberatung anbieten. Die Vorteile dieser unpersönlichen und skalierbaren Form der Beratung besteht für Kunden vorrangig in den dadurch reduzierten einmaligen und laufenden Kosten, welche die jährliche Rendite signifikant weniger belasten. Für die Dienstleister steht der Vorteil der nahezu unbegrenzten Skalierbarkeit im Fokus. Auch stellen die Zeit- und Ortsunabhängigkeit dieser Dienstleistung Vorteile für die Kunden dar. Dennoch sind Robo-Advisor die lediglich als Unterstützung menschlicher Anlageberater dienen, ebenfalls weit verbreitet. 

Eintrittshürden

Je nach Anbieter und Anlageoption gibt es ein Mindesteinlagevolumen, das der Kunde aufbringen muss, um das Angebot wahrnehmen zu können. Es gibt Anbieter wie z. B. Ginmon, bei denen das Angebot ab 0€ Mindestanlagevolumen genutzt werden kann. Bei LIQID ist hingegen ein Mindestanlagevolumen in Höhe von 100.000€ nötig. Abgesehen von dem Mindestanlagevolumen gibt es keine weiteren Hürden für die Nutzung von Robo-Advisors. Und genau damit wird auch geworben: Robo-Advisors ermöglichen den preiswerten Zugang zur Vermögensverwaltung für alle.

Entwicklung und Verbreitung

Die Technologie, welcher sich Robo-Advisors bedienen, ist im Kern dieselbe, welche den menschlichen Beraterpendants bereits zur Jahrtausendwende zur Verfügung standen. Durch die Entwicklung des Internets jedoch können Finanzdienstleister diese Technologie direkt den Kunden zur Verfügung stellen. Im weltweiten Vergleich ist diese automatisierte Anlageform am stärksten in den USA gefolgt von Großbritannien und Deutschland verbreitet - In letzterem mit einem geschätzten Anlagevolumen von > 20 Mrd. €.

 

 

Anlagestrategien, Risiko- und Anlageklassen 

Als Anlage- bzw. Assetklassen kommen bei den Robo-Advisors hauptsächlich Aktien und Unternehmens- wie auch Staatsanleihen zum Einsatz. Zwar ergänzen wenige auch Immobilien, Rohstoffe (insb. Gold) und Investments in den Geldmarkt in die Vermögensverwaltung, jedoch gelten diese aktuell noch als Ausnahmen.

 

 

Je nach angegebener Risikopräferenz des Anlegers über den Fragebogen werden dann defensive, ausgewogene oder offensive Portfoliovorschläge ausgegeben. Die Anzahl möglicher Portfolioaufteilungen variiert je Anbieter. Im Kern beziehen sich jedoch defensive Portfolien vorwiegend auf schwankungsarme Anlageklassen wie Anleihen, Immobilien oder Geldmarkt. Der Aktienanteil in diesen defensiven Portfolien beschränkt sich im Regelfall auf maximal 30%.

Bei ausgewogenen Portfolien verschiebt sich dieses Verhältnis zugunsten der Aktien, die in ausgewogenen Portfolien zwischen 30% und 65% ausmachen können. Bei offensiven Portfolien kann der Anteil der Aktien sinngemäß bis auf 100% ansteigen.

Robo-Advisor ist jedoch nicht gleich Robo-Advisor. Neben dem Mindestanlagevolumen gibt es auch unterschiedliche Anlagestrategien, die die Anbieter verfolgen. Jede Anlagestrategie hat seine Vor- aber auch Nachteile. Da es keine Anlagestrategie gibt, die in allen Marktphasen am besten performt, ist es notwendig zu verstehen, wie die Robo-Advisor agieren. Auf dieser Grundbasis kann dann der passende Robo-Advisor ausgewählt werden, der die individuellen Bedürfnisse des Kunden befriedigt. Um einen Eindruck der unterschiedlichen Anlagestrategien zu erhalten, sind im Folgenden einige Strategien zusammengefasst:

 

1. Passive Anlagestrategie

Bei dieser Strategie wird anhand des Risikoprofils des Kunden eine Gewichtung von Aktien und Anleihen im Portfolio ermittelt und entsprechend dieser Gewichtung in ETFs investiert. Dadurch wird breit diversifiziert investiert und das Risiko gestreut. Dabei wird bewusst auf das Market-Timing verzichtet, da es als sehr schwierig angesehen wird, den Markt auf lange Sicht zu schlagen. Hier profitiert man langfristig von der Effizienz des Marktes. Mindestens einmal im Jahr erfolgt ein Rebalancing, um der gewünschten Gewichtung wieder zu entsprechen. Diese Strategie wird unter anderem von Peaks verwendet.

2. Value-at-Risk

Scalable Capital und Robin investieren nach dem Value-at-Risk Prinzip. Zunächst wird eine Wertuntergrenze (z. B. 90 %) für ein bestimmtes Konfidenz-Niveau (z. B. 95 %) festgelegt. Das Portfolio des Kunden wird so angelegt, dass der Wert des Portfolios innerhalb eines Jahres mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % nicht unter die Wertuntergrenze von 90 % rutscht. Anders ausgedrückt: In 1 von 20 Anlagejahren wird das Portfolio wahrscheinlich mehr als 10 % des Wertes verlieren. In den übrigen 19 Anlagejahren wird der Wert des Portfolios wahrscheinlich über 90 % liegen. Die Berechnung des Value-at-Risk basiert auf historischen Werten. Auf dieser Basis wird eine statistische Verteilung geschätzt und dementsprechend investiert.

Dieser Ansatz fährt besonders gut in Markphasen mit einer geringen Volatilität, reagiert allerdings langsam auf extreme Marktveränderungen wie es bei der Reaktion der Aktienmärkte im März 2020 auf die Covid-19-Pandemie der Fall war.

3. Antizyklisches Faktor-Investing

Die Anlagestrategie von Ginmon basiert auf dem antizyklischen Investieren. Neben der Anlage in breit diversifizierte Anlageklassen wird gezielt in attraktiv bewertete Unternehmen investiert, die nach der Kapitalmarkttheorie Faktor-Investing langfristig eine überdurchschnittliche Renditeerwartung aufweisen. Zusätzlich wird das Portfolio regelmäßig „rebalanced“. Sowohl in Krisen- als auch in Boomzeiten werden zu hoch bepreisten Anlagen in unterbewertete Anlagen umgeschichtet.

 

Die Performance im Vergleich

Während einige Robo-Advisors in starken Markphasen überzeugen, performen andere besonders gut in Krisen. Da stellt sich natürlich die Frage: Wie performen Robo-Advisors im Vergleich zu dem Gesamtmarkt? Dazu ein Vergleich der Renditen zwischen 2016 und 2020 von fünf Robo-Advisors und einem Portfolio bestehend aus 50% iShares Core MSCI World UCITS ETF (Aktien ETF) und 50% iShares Global Corp Bond EUR Hdg Ucits ETF (Anleihen ETF). Die dargestellten Renditen geben die erzielten Renditen abzgl. der anfallenden Kosten an. Da die Robo-Advisors noch nicht lange am Markt vertreten sind, ist der Vergleich nur für die letzten 5 Jahre dargestellt vorausgesetzt, der Anbieter war zu dem Zeitpunkt bereits auf dem Markt.

 

 

Insgesamt lassen sich sehr große Unterschiede in den erzielten Renditen feststellen, was unter anderem auf die Anlagestrategie der Robo-Advisors, der Implementierung der Anlagestrategie und der Kostenstruktur zurückzuführen ist. Während Scalable Capital zwischen 2016 und 2020 nur eine durchschnittliche Jahresrendite von 0,5% nach Abzug der Kosten erzielen konnte, sind es bei Ginmon im gleichen Zeitraum 9,68% pro Jahr. Zudem konnte Ginmon als einziger der 5 Robo-Advisor zwischen 2016 und 2020 im Durchschnitt höhere Renditen erzielen als das Vergleichsportfolio (MSCI WORLD + Anleihen).

 

 

Nachdem wir nun die verschiedenen Eintrittshürden, Anlagestrategien und vergangenen Performance im Vergleich zum MSCI World als Referenzwert betrachtet haben, stellt sich die Frage vom Anfang erneut:

Ist es möglich, einen Robo-Advisor als „den Besten“ zu titulieren? 

Wie so oft kommt es bei der Anlage in Wertpapieren, ob nun mittelbar über einen Bankberater oder unmittelbar über einen Robo-Advisor, immer auf die persönliche Präferenz an. Wird eher ein etablierter Robo-Advisor mit einem hohen Investitionsvolumina präferiert, oder spielt die vergangene Performance die übergeordnete Rolle?

Langfristige Einschätzung, welcher Robo-Advisor mit seiner Anlagestrategie in Wachstums- oder Rezessionsphasen besser performen wird, sind aufgrund des kurzen Erfahrungshorizontes nicht möglich. Dennoch wird der bekannte MSCI World, in welchen mittels ETF-Sparplänen zu ähnlich geringen Kosten ohne Einstiegshürden investiert werden kann, weiterhin der Performance-Benchmark bleiben, welchen die breite Masse der Robo-Advisor bisher nicht übertrumpfen konnten.

Haben Sie weitere Fragen zu dem Thema „Robo-Advisory“? Kommen sie gerne auf uns zu – wir beantworten gerne Ihre Fragen und unterstützen Sie bei der Analyse und Umsetzung. 

 

* Je nachdem, welches Risikoprofil der Kunde wählt, wird die Gewichtung der Anlageklassen in seinem Portfolio beeinflusst. Um die Robo-Advisor untereinander vergleichen zu können, wurden die für die Abbildungen ausgewählten Anlagestrategien möglichst so gewählt, dass diese eine ähnliche Gewichtung der Anlageklassen aufweisen. Folgende Produkte wurden für den Vergleich der erzielten Renditen ausgewählt:

Scalable Capital

Risikokategorie VaR 15%: Der gewählte Value-at-Risk beträgt 15. 

Ginmon

apeironinvest 5: 45,4% Aktien, 47% Anleihen, 3% Rohstoffe, 4,6% Immobilien.

Robin

Risikolevel VaR 15%: Der gewählte Value-at-Risk beträgt 15.

Peaks

Peaks Würzig: 50% Aktien, 50% Anleihen.

Warburg Navigator

Navigator Ausgewogen 50: 44,2% Aktien, 50,8% Anleihen, 0,7% Rohstoffe, 2,4% Immobilien, 1,9% Gold.

 

Autor:in: Jendrik Herfurth und Michael Ryu
Jendrik Herfurth ist als Business Analyst bei der BBHT Beratungsgesellschaft tätig. Seine fundierten Kenntnisse in der Finanzbranche bringt er seit 2020 in die Projekte unserer Kunden ein. Michael Ryu ist als Business Analyst bei der BBHT Beratungsgesellschaft tätig. Seine Kenntnisse in der Finanzbranche und analytischen Fähigkeiten bringt er seit 2019 in die Projekte unserer Kunden ein.

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Wir möchten Licht in die aktuellen regulatorischen Anforderungen bringen.
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